„Kassel ist meine Stadt“

Er ist einer der absoluten Ur-Kasseler im Löwenrudel… kommt Euch spanisch vor? Dann aber mal aufgepasst! Passend zu seinem 23. Geburtstag haben wir das nächste Blog36-Interview für Euch. Hier erfahrt Ihr alles, was Ihr schon immer über Adrian Bravo Sanchez wissen wolltet… und viel mehr! 3, 2, 1… ¡Vamos!

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Adrian Bravo Sanchez ganz privat. Foto: Blog36

Blog36: Hallo Adrian! Schön, dass wir uns unterhalten können. Stell Dich doch mal kurz selbst vor.

Adrian: Hallo, freut mich auch! Ich bin Adrian Bravo Sanchez, bin (noch) 22 Jahre alt und wurde am 28. Oktober 1993 in der Dr.-Koch-Klinik in Kassel geboren. Mein erster Verein war der Spielverein 06 in Kassel. Wir haben damals bei den Drei Brücken gewohnt, das Vereinsgelände ist auch dort. Zur D-Jugend bin ich zum OSC Vellmar gegangen, dann kam ein Anruf vom KSV Hessen Kasse. Da habe ich ein gutes Jahr in der C-Jugend gehabt. Ich war damals ziemlich schmächtig und klein, sodass ich im zweiten Jahr nur noch C2 gespielt habe, lief also nicht so gut. Ich bin dann zu Wolfgang Zientek nach Lichtenau gegangen. Da hatte sich gerade was aufgebaut. Die A-Jugend hat Hessenliga gespielt, die B-Jugend hat in der Gruppenliga um den Aufstieg gespielt. Da hab ich dann mit 15 Jahren B-Jugend gespielt und mit der A-Jugend trainiert. Das hat mir vor allem körperlich viel gebracht. Dann bin ich nach einem Jahr wieder weg und nach Baunatal gegangen, wo ich bis zur A-Jugend gespielt habe und dann zum FSC Lohfelden gewechselt bin. Dort war ich dann vier Jahre, der Rest ist ja bekannt.

Blog36: Wusstest du eigentlich, dass Dein Name – zum Beispiel im Forum – schon seit ein paar Jahren immer wieder aufkam, wenn es um Neuverpflichtungen geht?

Adrian: Ich wurde schon von einigen Leuten gefragt: Wie sieht es denn aus, willst du nicht mal zum KSV Hessen? Für mich war es so, dass ich es immer gerne machen wollte. Ich war ja bereits letztes Jahr (2015) im Probetraining unter Matthias Mink. Ich war da schon voller Hoffnung, dass sie mich nehmen. Die Gespräche liefen auch ganz gut, aber ich denke, dass die Ambitionen des Vereins da noch andere waren. Da wurden erst einmal andere Spieler verpflichtet, sodass es sich für mich über Wochen hingezogen hat und am Ende ist nichts draus geworden.

Blog36: Also war der KSV schon immer ein klares Ziel für Dich?

Adrian: Ja, auf jeden Fall. Das war mein Wunsch, für den KSV im Auestadion zu spielen. Kassel ist meine Stadt, da wollte ich natürlich für den klassenhöchsten Verein der Stadt spielen. Ich glaube, dass Katharina (guckt zu seiner Freundin rüber) bestätigen kann, wie ich nach dem KSV-Probetraining im Sommer 2015 gesagt habe, dass ich sehr gerne dorthin wechseln würde (Katharina nickt). Die Rahmenbedingungen sind schon andere als in der Hessenliga.

Blog36: Der Verein hat sich in dieser Saison die Regionalisierung auf die Fahnen geschrieben. Du bist sicherlich eines der Zugpferde dieser Kampagne. Wie erlebst Du das?

Foto: Hedler
ABS im direkten Fankontakt. Foto: Hedler

Adrian: Das freut mich sehr. Wenn ich gefragt werde, ob ich bei Aktionen mitmachen will, bin ich immer gerne dabei. Das ist schon ein schönes Gefühl mit den Leuten in Kontakt zu kommen. Ich komme oft als Letzter, weil ich versuche jedem ein Autogramm oder ein Foto zu geben. Bei Lohfelden kamen hier und da mal zwei, drei Kinder, bei den Hessen ist es ja nach jeden Spiel so. Oder es schreiben dir Leute bei Facebook, das beantworte ich dann auch immer gerne und schätze mich glücklich, wie die Leute mich so sehen. Die Aktion zum Schulanfang war ziemlich cool, ich selbst war ja auf dem Goethegymnasium. Da habe ich dann auch ein paar alte Lehrer getroffen. Das Streetbolzer-Turnier hat auch richtig Bock gemacht, mit den Jungs ein wenig zu kicken und Bälle hochzuhalten war ganz lustig. Manchmal bin ich selbst überrascht, wie sehr die Leute an einem interessiert sind, wenn man beim KSV spielt.

Blog36: Ohne jetzt irgendwas bewerten zu müssen: Was sind für Dich die spürbaren Unterschiede vom FSC Lohfelden zum KSV?

Adrian: Es fängt an, wenn man in die Kabine kommt. Da wartet dann schon Uwe Heller und gibt uns Spielern die Klamotten. Es gibt frisches Obst in der Kabine. Andere machen den Rasen fertig, außerdem gibt es eine Schuhputzmaschine. Das sind alles so Kleinigkeiten, die für die Regionalliga normal sind, aber ich kannte das vorher noch nicht so und das macht einem Freude. Man geht mit einem anderen Gefühl in die Kabine, die ja an sich schon groß und schön ist. Mit Physioraum, Sauna und so weiter.

Blog36: Du kamst zuletzt zu sieben Startelfeinsätzen in Folge. Ist Dir die Gewöhnung an die Regionalliga gelungen?

Adrian: Ja, ich merke schon, dass mein Selbstvertrauen gewachsen ist. Die Stärken, die man in der Hessenliga hatte, sind auch in dieser Liga gefragt. Natürlich muss ich noch an Dingen wie zum Beispiel der Zweikampfstärke arbeiten. Ansonsten bin ich guter Dinge, vor allem da es ja zuletzt ganz gut lief.

Foto: Hedler
ABS beim Derbysieg gegen den Minus-9-Punkte-OFC. Foto: Hedler

Blog36: Beim FSC warst du ja, zumindest in den letzten zwei Jahren, einer, wenn nicht der prägenden Spieler. Beim KSV bist du eher „einer unter vielen“. Wie war diese Umstellung für Dich?

Adrian: Es ist definitiv anders. Die Mitspieler sind stärker, das merkt man wenn der Steckball im Training nicht mehr so einfach funktioniert (grinst). Mann muss sich verändern, das hat für mich auf jeden Fall etwas Positives. Bei Lohfelden habe ich auch immer Gas gegeben, aber irgendwann ist es schon im Hinterkopf, dass man quasi gesetzt ist. Ich würde mir natürlich wünschen, dass ich bei Hessen Kassel auch irgendwann so etabliert bin, das sollte mein Anspruch sein. Das braucht aber Zeit. Ich hoffe, dass man auch als Zuschauer in den letzten Spielen gemerkt hat, dass ich auf einem guten Weg bin.

Blog36: Hat sich etwas an Deinem Tagesablauf geändert?

Adrian: Wir trainieren mehr, zum Beispiel die Krafteinheiten im Team gab es in Lohfelden nicht. Im Ablauf hat sich jetzt nicht so viel geändert. Ich muss jetzt, wo die Uni wieder losgeht [Anm.: Adrian studiert Sport und Spanisch auf Gymnasial-Lehramt], etwas drauf achten, dass ich mir die Vorlesungen richtig lege. Das heißt morgens Krafttraining, dann Uni, dann normales Training. Ich muss noch sehen wie sehr mich das im Alltag belasten wird. Das kriege ich schon hin.

Blog36: Was würdest du selbst sagen, welchen Platz hast du im Löwenrudel eingenommen? Ihr seid ja wirklich eine bunte Mischung aus jung und alt, Erfahrung und Talent.

Adrian: Ich sehe mich irgendwo in der Mitte (lacht). Jeder respektiert jeden. Wenn die gestandenen Spieler wie zum Beispiel Evljuskin, Damm, Brill oder Giese etwas sagen, hört man schon genau zu und versucht das umzusetzen. Aber wenn ein Junger ankommt und mir was sagt, ist das genauso wichtig. Es gibt halt eine gewisse Hierarchie. Im Training spiele ich jedenfalls noch meist bei den Jüngeren mit. Wenn ein neuer dazukommt wird sowieso von jedem versucht denjenigen gut zu integrieren.

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Ist ein Streebolzer: ABS. Foto: Rösch

Blog36: Anders als in Lohfelden wirst du seltener als klassischer „Zehner“ eingesetzt. Auch wenn im Block 36 nicht allzu viel auf Positionstreue geachtet wird: Wie sehr musstest du Dein Spiel verändern?

Adrian: Im 4-4-2 soll ich mich im Spielaufbau schon fallen lassen und die Bälle abholen. Als offensiver Mittelfeldspieler muss man aber sowieso variabel sein und überall ein Bisschen sein. Je nach dem wo man gebraucht wird. Im Defensivverbund ist es ja sowieso klar definiert, wo man zu stehen hat.

Blog36: Das variable Offensivspiel wird ja auch von den Fans in dieser Saison durchaus wertgeschätzt.

Adrian: Auch wenn ich vergangene Saison noch nicht dabei war, hört man schon in der Kabine, dass man nach vorne mehr Freiheiten hat und mehrere Optionen hat. Dadurch wird auch die Kreativität jedes einzelnen gefördert.

Blog36: Du hast jetzt zwar erst ein Tor gemacht, das war dafür aber ein richtiger Knaller. War das so geplant?

Adrian: Im Training am Vortag haben wir geübt, die Bälle scharf vor das Tor zu bekommen. In der Spielsituation gegen Hoffenheim war das auch mein Plan. Dass der Ball mit so einer Flugkurve reingeht, also sich perfekt ins Tor absenkt, bekomme ich – wenn es gut läuft – bei zehn Versuchen im Training noch ein Mal hin. Da war schon eine gute Portion Glück dabei.

Foto: Hedler
Nimmt Maß… und trifft. Direkt.verwandelte.Ecke. Foto: Hedler

Blog36: Bist du scharf auf eine „Tor des Monats“-Medaille?

Adrian: Das haben mich nach dem Spiel mehrere gefragt. Ich selber hab direkt nach dem Tor nicht dran gedacht. Natürlich würde ich mich freuen, aber ich warte einfach mal ab was jetzt kommt.

Blog36: Dein Bruder Antonio hat mal in der HNA über dich gesagt: „Adrian wird es im Fußball weiter bringen als ich.“ Wie meinst Du, kommt er darauf?

Adrian: Antonio ist meiner Meinung nach der bessere Fußballer, vor allem technisch. Ich bin aber wohl disziplinierter, mache mehr für mich selbst und arbeite mehr im Mannschaftsverbund. Er wusste natürlich, dass Hessen Kassel zumindest interessiert war und ich auch nicht abgeneigt war. Neben meinen guten Freunden Okan Gül (OSC Vellmar) und Niclas Erlbeck (Carl-Zeiss Jena) ist er auf jeden Fall ein wichtiger Gesprächspartner für mich, wenn es um Fußball geht.

Blog36: Die Löwen-Mannschaft, der von vielen Experten im Umfeld wenig zugetraut wurde, wurde zuletzt durch einige Verletzungen stark geschwächt. Kann es sein, dass ihr aber gerade deswegen noch mehr aus Euch rausholen könnt?

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Mittelfeldregisseure unter sich: Kramer, Bravo Sanchez, Dahoud (beim 6:1-Testspielsieg der Löwen). Foto: Hedler

Adrian: Wir wollen immer auch für die Verletzten, die trotzdem in der Kabine dabei sind, alles geben und gewinnen. Die Verletzung von Nacho zum Beispiel ist ja im Training passiert. Das war schon eine sehr bedrückende Situation. Im Mannschaftskreis wird das oft angesprochen: „Wir spielen für die Fans, für uns und erst recht für die, die leider nicht dabei sein können.“ Wir in der Mannschaft wissen um unsere Qualität und sind überzeugt, dass wir in der Regionalliga bestehen können – das gibt uns auch der Trainer mit. Überraschend kommen unsere Leistungen für mich jedenfalls nicht. Auch wenn nicht alle in Nordhessen an uns geglaubt haben, wissen wir was wir können. Und das zu beweisen ist ein Ansporn. Wichtig ist erst einmal, dass wir den Klassenerhalt sichern, also circa 44 Punkte holen. Alles andere wäre ein Bonus.
Manchmal muss man auch spielerische Defizite über Kampf und Laufbereitschaft wettmachen. Gerade gegen die zweiten Mannschaften, wie VfB oder Hoffenheim, muss man über die Mentalität kommen. Das sind schon verdammt gute Zocker.

Blog36: Das Nordhessenstadion in Lohfelden ist zwar nicht klein, aber das Auestadion ist dann doch eine andere Hausnummer. Wie ist es für Dich, regelmäßig vor einer größeren Kulisse zu spielen?

Adrian: Beim Spiel bekomme ich das weniger mit. Aber es gibt zwischendurch immer wieder Situationen, wo man spürt, wie einen die Fans nach vorn peitschen. Da geht man vielleicht noch einen Weg mehr oder haut sich noch mehr in die Grätsche, wenn man merkt, dass die Zuschauer das sofort beklatschen. Wenn man in Rückstand gerät und das Publikum trotzdem anfeuert und motiviert ist das ein Gänsehaut-Moment. Das macht den Unterschied und pusht einen über die 100 Prozent hinaus.

Blog36: Wie hast Du bisher den Neuzugang Cabrel Mendy wahrgenommen? Es war ja sicherlich keine so einfache Situation für ihn, so lange in der Luft zu hängen.

Adrian: Cabrel ist ein super Typ. Er hat auf mich einen richtig guten Eindruck im Training gemacht. Er kann gut Bälle halten, hat ein gewisses Tempo und ist durchtrainiert. Ich glaube, dass er uns auf jeden Fall weiterhelfen kann. Die Probleme mit dem Spielerpass und so weiter sind natürlich blöd. Manchmal hat man ihm schon angemerkt, dass es an ihm knabbert, aber jetzt kann er ja mitmachen.

Blog36: Vor dem Pokal-Spiel gegen Lohfelden, welches verloren wurde, gab es ja ein ziemlich unglücklich betiteltes Interview mit Dir…

Adrian: Ja, das ist blöd gelaufen. So habe ich das nie gesagt. Leute die mich kennen oder ehemalige Mitspieler wussten aber, dass ich so etwas nie sagen würde. Mittlerweile ist die Sache geklärt und ich hab vielleicht auch was draus gelernt.

Blog36: War das Spiel für Dich besonders bitter?

Foto: Hedler
„Das war schon der beschissenste Tag, seitdem ich beim KSV bin.“ Foto: Hedler

Adrian: Eigentlich nicht bitterer als eine andere Niederlage. Wir hatten uns natürlich vorgenommen zu Gewinnen um noch das ein oder andere geile Spiel im Auestadion spielen zu dürfen. Das war natürlich bitter. Dass es gegen meine alten Kollegen ging und ich eine Hundertprozentige vergeben habe, kam noch dazu. Da habe ich mir einfach zu viele Gedanken gemacht. Das war schon der beschissenste Tag, seitdem ich beim KSV bin. Das war ein Spiel wo wir einfach scheisse waren.

Blog36: Letzte Frage: Wenn man Deinen Namen googelt, findet man schnell zwei Videos. In beiden kommt ein Ball vor. Weißt Du was ich meine?

Adrian: (lacht) Eins ist von meinem Schülerpraktikum in der achten Klasse. Das habe ich in einem Fitnessstudio gemacht und mein Chef hat mit mir Koordinationsübungen gemacht. Das ist gar nicht so einfach, das musst du erst mal hinbekommen (steht auf, macht es vor)! Das bekomme ich immer mal wieder gezeigt. (lacht) Und das andere Video?

Blog36: …ist eine ziemlich geile Kiste von Dir gegen Seligenstadt…

Adrian: …ja, stimmt, die kann man sich durchaus mal angucken. (grinst)

Rösch
Alles Gute zum Geburtstag, Adrian! Foto: Rösch

Blog36: Adrian, wir wünschen Dir alles Gute und Gesundheit für die Zukunft.

Adrian: Danke! Wenn Ihr und die anderen Fans so weitermachen, hilft uns das immer. Wir freuen uns über jeden Zuschauer, der uns unterstützt! Für die gute Stimmung im Stadion sind wir echt dankbar: Das wird auch oft in der Kabine thematisiert.

Blog36: Wenn die Haupttribüne zum Klatschen aufsteht, weiß man, dass Ihr irgendwas richtig macht: Geil abliefern!

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