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Appell an die Gremien: Entscheidung zurücknehmen – Cralle halten!

In diesen Tagen weilt Trainer Tobi Cramer an der Sportschule in Hennef. Der Lehrer will wieder Schüler sein und absolviert daher seine Aufnahmeprüfung zum Fußballlehrer. Der Ausgang ist ungewiss, aber Vorstand und Aufsichtsrat haben ihre Entscheidung bereits gefällt: die Ausbildung ist unvereinbar mit dem Anspruch eines ambitionierten Ausbildungsvereins in der fünften Spielklasse. Ganz ehrlich? Das ist ein Witz.

Bereits vor ein paar Wochen hat Blog36 ordentlich Dampf abgelassen: Unverständnis darüber, wie man ausgerechnet demjenigen den Stuhl vor die Tür setzt, der wie kein Zweiter für den neuen, bodenständigen und seriösen KSV steht. Da helfen auch erstmal alle Lippenbekenntnisse nichts, man wolle den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Wir ersparen den geneigten Blog36-Leser_innen jetzt die üblichen unkritischen Lobhudeleien auf unseren übungsleitenden Punk-Drummer. Doch je weiter die Saison voranschreitet, desto  unverständlicher wird die Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat. Das liegt vor allen Dingen an den Entwicklungen der vergangenen Wochen. Die Antwort liegt auf dem Platz. Seit Monaten schon.

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„Jungs, das lief schon mal schlechter…“ Foto: Christian Hedler

Als Verlierer gingen die Löwen zuletzt Anfang Oktober vom Platz. Da warens 34 Grad draußen. Zu dieser Zeit glaubte man in der CDU noch an Friedrich Merz als Parteivorsitzenden, Greta Thunberg war die Einzige, die sich für die globale Erderwärmung interessierte und Alexander Gerst werkelte fleißig auf der ISS. Den Punktabzug mit einberechnend lagen die Löwen zu dieser Zeit auf Platz 8 der Hessenliga, zwölf verdammte Punkte hinter dem FC Bayern Alzenau. Seit dem sind 11 Spieltage die Fulle runtergeflossen. Die Bilanz:
9 Siege, 2 Unentschieden. Niederlagen: NUUUULLLL! Danke. Bitte. 29 von 33 Punkten. 30:6 Tore. Mit anderen Worten: momentan schnurrt das Bällchen bei den Löwen. Kein einziges dieser Spiele gewann der KSV mit weniger als zwei Toren Unterschied. Der Punkteschnitt liegt – den Punktabzug jetzt mal außen vorgelassen – bei 2,20. Spielerisch ist es teilweise ein Hochgenuss, man schaue sich nur das zwischenzeitliche 1:3 gegen den VfB Ginsheim an: Siggi, Mogge, Bravo, Mogge, Saglik, Kiste. Geil. Man fragt sich, ob das tatsächlich unser KSV Hessen Kassel ist, der dort auf dem Platz steht. Völlig logisch also, dass man mitten in dieser Erfolgsphase dem Trainer den Laufpass gibt. Ironiemodus aus.

Unsere Équipe hat sich von der Hiobsbotschaft nach dem Dreier gegen Neu-Isenburg nicht aus dem Tritt bringen lassen. Obwohl so etwas ja schnell mal passieren kann (Huhu, Uerdingen!). Zunächst gab es ein torloses Unentschieden gegen den Spitzenreiter aus Gießen. Wäre Freddy Löhe im Tor nicht die geile Sau die er ist, er hätte den Schlenzer von Bravo Sanchez in der 2. Halbzeit niemals aus dem Knick gefischt und um den Pfosten gelenkt. 3 Punkte waren möglich. Doch auch so war es eine starke Leistung. Es folgte ein starkes 2:0 gegen den direkten Konkurrenten aus Alzenau im so wichtigen 6-Punkte-Spiel. Die Möchtegern-Hessen taumeln seit Wochen fröhlich dem Absturz entgegen, der Vorsprung ist so schnell geschmolzen wie man es sonst nur von den Polkappen kennt (Sorry, Greta!). Und letzten Samstag gab es dann einen nie gefährdeten Auswärtsdreier beim Favoritenschreck aus Ginsheim. Am Rheinufer sind schon ganz andere baden gegangen (Huhu, FC Gießen!).

Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, warum man die Zusammenarbeit mit Cralle, den Vater der Erfolgsserie, nun beendet – und das völlig unabhängig vom Ausgang seiner Prüfung. Fakt ist: Cralle muss gehalten und eingebunden werden. Vorstand und Aufsichtsrat müssen ihre Entscheidungen revidieren. Nicht nur wegen der Siegesserie. Aber auch. An welcher Stelle das Sinn macht, darüber erlauben wir uns kein Urteil zu bilden. Am Besten natürlich als Chef-Trainer. Auch andere Vereine haben ihre Übungsleiter für den Lehrgang freigestellt und gleichzeitig im Verein gehalten. Allerdings verfügen wir aber nicht über ein vergleichbares Umfeld mit so professionellen Strukturen, wie z.B. Eintracht Braunschweig bei Torsten Lieberknechts Weiterbildung. Unser Co-Trainer geht schließlich noch malochen. Kann Tobi Damm das abfangen? Keine Ahnung. Dann Cralle als sportlichen Leiter vielleicht? Eine gute Möglichkeit, denn dieser wird ohnehin dringend benötigt, auch um die Vernetzung zwischen erster Mannschaft und Jugendbereich zu verstetigen. Aber können wir uns das finanziell leisten?

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Foto: Fullewasser

Fakt ist: Cralle muss gehalten werden! Fakt ist aber auch: bei einem Aufstieg verlängert sich Cralles Vertrag automatisch um ein Jahr. Das wäre wohl das Einfachste. Einen Auflösungsvertrag hat er noch nicht unterschrieben. Gut so. Und so lange der Aufstieg im Bereich des Möglichen liegt, macht die Verpflichtung eines neuen Trainers keinen Sinn. Jens Rose kündigte Ende Februar an, Ende März den neuen Trainer vorzustellen. Spekulierte man etwa schon darauf, dass sich das Thema Aufstieg nach den Spielen gegen Gießen und Alzenau bereits erledigt hätte? Beim Blick auf den Transfermarkt kann einem Angst und Bange werden. Immerhin geht der Kelch „Peter Neururer“ am KSV vorbei (Armes Wattenscheid 09). Neururer, nun sportlicher Leiter bei unseren Insolvenzbrüdern aus dem Pott, glänzte bei seiner Pressekonferenz gleich mit fundierten Aussagen wie: „Die Regionalliga kenn ich nur vom Hörensagen.“ Genauso ein Scheiß darf auch hier befürchtet werden.

Es ist eine absurde Situation: das Saisonziel von Vorstand und Aufsichtsrat lautet im Prinzip Klassenerhalt. Nur so kann man sich der unliebsam gewordenen Personalie entledigen. Doch anders als in den 80ern haben es jetzt die Spieler in der Hand, das „Diewollndochgarnitaufsteijen“ zum Problem der Vereinsfunktionäre zu machen. Jeder eingefahrene Punkt ist ein Punkt für den Verbleib von Cralle und gegen die Entscheidung der Gremien.

Es gibt Hinweise, dass die Ausbildung zum Fußball-Lehrer reformiert werden soll: Dazu wird sich die Fußballlehrer-Ausbildung ändern. ‚Sie wird digitaler und ortsunabhängiger, damit die Trainer unter der Woche häufiger bei ihren Vereinen bleiben können‘, erklärt Haupt. Bisher gab es die Klagen, dass es kaum möglich sei, neben der Ausbildung einen Verein zu trainieren. Nun wird der Ausbildungszeitraum von neun auf elf Monate ausgedehnt, dadurch bleibt mehr Zeit für den Klub.“ https://www.manschaftsbus.de/dfb/fussballlehrer-ausbildung-wird-reformiert

Wie wäre es denn damit? Gaede, Rose & Co. können Größe zeigen, den Irrtum einräumen und zurücknehmen. Erstmal die Entscheidung der Sportschule in Hennef abwarten und dann gemeinsam mit allen  Beteiligten nach Lösungen suchen. Der KSV könnten sich sogleich als lernfähiger und demokratischer Verein präsentieren, in dem die Stimme von Fans und Mitgliedern auch gehört wird. Und in einem Jahr haben wir dann einen ausgezeichnet ausgebildeten Trainer in einem funktionierenden Mannschaftsgerüst, der zudem berechtigt wäre als Führungskraft in einem Nachwuchsleistungszentrum zu arbeiten. Das wäre eine Ansage.
Auch an die Konkurrenz.

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