Wer die Regionalliga kennt, der weiß: die Winterpause kann lang sein. Sehr lang. Um die Wartezeit zu verkürzen, haben wir uns „zwischen den Jahren“ mit Außenverteidiger Sergej Schmik zum großen Winterpausen-Interview getroffen. Mit unserem Dauerbrenner sprachen wir bei Tee und Weihnachtsgebäck in seiner Wohnung in Mitte, wo er mit seiner Frau Emma und seinen beiden kleinen Töchtern Paula und Leni seit nunmehr knapp vier Jahren ein Zuhause gefunden hat. Es wurde ein langes und sehr ehrliches Gespräch: über den Weg aus Kasachstan ins wiedervereinte Deutschland, seine vergangenen knapp vier Jahre beim KSV Hessen Kassel, das Leben als junge Familie in Kassel und über die kommenden Herausforderungen im Abstiegskampf.
Blog36: Hallo Sergej! Schön, dass du dir zwischen den Jahren die Zeit für uns nimmst. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Wie fällt dein Fazit für 2017 aus?

Sergej: Na, da beginne ich doch mit der letzten Saison. Unser Co-Trainer wurde unser neuer Trainer, wir haben Leistungsträger abgegeben und es wurde auf die Jugend gesetzt. Der Verein musste sparen und wir wussten nicht, wo wir standen. Wir als Spieler waren sehr gespannt wie das läuft, wurden ein Team und haben uns gut geschlagen. Egal ob Mannheim oder Elversberg: wir haben jede Topmannschaft ärgern können und haben gute Spiele abgeliefert. Zum Ende hin war dann wohl die Luft raus, aber wir waren auf einem gesicherten Mittelfeldplatz. Hätten wir drei Punkte mehr geholt, wären wir auf dem 8. Tabellenplatz gelandet und das wäre eine bessere Platzierung als in den Vorjahren gewesen. Da war ich schon stolz auf die Truppe, dass wir es so durchgezogen hatten und blicke gerne zurück.
Blog36: Aber so gut ging es dann ja leider nicht weiter…
Sergej: Das Insolvenzverfahren war ein Schock. Uns wurde immer signalisiert, dass dies so nicht zur Diskussion steht. Man müsse schon sparen und schauen, wo es denn noch Einsparpotential gäbe. Man hat sich dann mit nichts anderem beschäftigt als mit dem KSV. Das war ein Schock, gerade mit Family und den zwei Kids wusste ich nicht, wie es weitergehen kann. Das waren natürlich schlechte Vorzeichen für die neue Saison. Ich hab dann aber schnell gemerkt, egal ob Spielern oder neu gewählte Funktionären, dass an den Verein geglaubt wird. Da sind die richtigen Leute am Werk. Mit Enno Gaede hab ich ja noch zusammengespielt und ich bin auch mit ihm befreundet. Mir war klar: wenn er die Aufgabe annimmt, ist Substanz da und er glaubt an den Verein. Ich bin mit einem guten Gefühl in die Saison gestartet und auch von anderen Leistungsträgern kamen positive Signale, die sagten: „Ok, die 9 Punkte sind weg, aber wir stellen uns der Herausforderung.“ Das war klasse. Wir sind dann ja auch gleich super in die Saison gestartet und mein Gefühl wurde bestätigt.
Blog36: Was ist dann passiert?

Sergej: Wir sind in ein Loch gefallen. Ach was. Nee, wir haben ja nie schlecht gespielt. Außer das Spiel beim FSV Frankfurt, das war echt schlecht und peinlich. Gerade gegen einen Mitkonkurrenten, das geht echt nicht, da blicke ich nicht gerne zurück. Aber sonst haben wir immer Moral und Kampfgeist bewiesen, das hab ich in der Form auch noch nie erlebt. Das wir wieder mal ein Spiel 1:0 gewinnen, das konnten wir dann nicht mehr und es ist eigentlich ganz gut, dass wir nun in der Winterpause sind. Wir haben jetzt Zeit durchzuschnaufen und die Köpfe frei zu bekommen. Wir müssen uns neu vorbereiten und wollen dann im neuen Jahr mit einem Erfolgserlebnis, wie zu Beginn der Saison, starten und so doch noch das kleine Wunder packen.
Blog 36: Den letzten Dreier holten wir Anfang September beim 3:0-Heimsieg gegen Steinbach, das zwischenzeitliche 2:0 durch Bravo Sanchez hattest du vorbereitet. Ohne den Punktabzug wären zu diesem Zeitpunkt auf Platz 5 in der Tabelle gewesen. Was ist danach passiert und wie konntet ihr euch trotz dieser beträchtlichen Niederlagenserie immer wieder motivieren?
Sergej: Als Team haben wir das auf unterschiedliche Weise versucht. Wir hatten direkt nach der Niederlage in Frankfurt ein Straftraining, wo dann die Intensität erhöht wurde. Das hat jedem den Ernst der Lage verdeutlicht. Es wurden unterschiedliche Teambuilding-Maßnahmen durchgeführt. Wir waren zuletzt mal mit der ganzen Mannschaft auf dem Weihnachtsmarkt. Die Ernsthaftigkeit im Training war Thema, dass die Konzentration von Beginn an auch durchgezogen wird um eine hohe Trainingsqualität zu erreichen. Das haben wir als Mannschaft so angesprochen und wir haben auch immer gut trainiert. Ich hab ja auch den Vergleich zu den letzten Jahren und das war qualitativ schon gut. Wir haben es ja dann auf dem Platz auch hinbekommen. Wir haben bisher auch genau so viel Chancen wie letztes Jahr zugelassen, die werden aber dieses Jahr mehr bestraft. Vielleicht ging einer mal an den Pfosten oder ein Elfmeter wurde mal gehalten. Die Chancen die wir haben, machen wir momentan nicht rein. Wir erspielen uns ja auch Torchancen, das hat mir auch immer wieder Mut gemacht. Gegen Mainz hatten wir ein richtig gutes Spiel aber durch kleine, individuelle Fehler, die dann bestraft werden gewinnen wir eben nicht knapp sondern verlieren doof. Ich motiviere mich so: Wir haben eine gewisse Basis und die Möglichkeit, jeden zu schlagen. Das haben wir schon bewiesen. Es bringt jetzt auch nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Ich bin ja auch einer der erfahrenen Spieler und da geht es nicht, dass ich den Kopf hängen lasse oder die Körpersprache ändere. Da bin ich genauso, wie drei bis vier andere in der Mannschaft gefragt, die jungen Spieler in unserer sehr jungen Mannschaft wieder hochzuziehen. Selbstzweifel dürfen da keinen Platz haben und so hab ich mich eben immer wieder aufs Neue motiviert. Gerade Spieler aus der zweiten Reihe oder welche, die kurz vor der Stammelf stehen oder unseren jungen Spielern in der Stammelf müssen wir Mut zusprechen. Wir müssen die vergangenen Spiele abhaken.
Blog36: Du würdest der jetzigen Mannschaft jedoch nicht die Qualität absprechen, trotz des Aderlasses in der Abwehr?
Sergej: Gut, wir haben hinten natürlich Henrik Giese verloren und den aufgrund der Insolvenz auch nicht ersetzen können. Der fehlt uns. Zum einen kriegen wir nach Standardsituationen unsere Tore, da fehlt Henne uns wegen seiner Körpergröße und seiner Erfahrung. Das sehe ich schon so, dass uns die Qualität da schon gefehlt hat. Zum anderen musste Siggi (Sergej Evljuskin) in die Innenverteidigung rücken. Der hat das klasse gemacht, aber man braucht immer auch eine Eingewöhnung. Siggi hat vier Jahre lang bei uns im defensiven Mittelfeld gespielt und muss dann plötzlich Innenverteidiger spielen. Dann brauchst du eben deine 3-4 Spiele um die Abläufe drauf zu haben, dein Spiel zu analysieren und zu verbessern oder zu aus Spielsituationen auch zu lernen. Tja, und dann fiel Siggi länger aus und ich musste in die Innenverteidigung rücken. Ich hatte das bisher auch nur sporadisch, so 1-2 Spiele pro Saison, mal gemacht. Dann musste wieder alles umgeworfen werden. Gerade in der Defensive fehlt uns eine Konstanz, wo klar ist, das sind unsere 4-5 Spieler in der Kette, die das Gerüst bilden. Das fehlt uns diese Saison. Und eben dass wir Henne von der Qualität her nicht ersetzt haben.
„Damals in der Sowjetunion waren wir immer die Deutschen und hier waren wir immer die Russen“
Der Weg von Kasachstan nach Ostwestfalen
Blog36: Lass uns später nochmal auf die aktuelle Situation zurückkommen und uns jetzt mal auf einen persönlichen Blick auf dich werfen. Du bist 1989 in Pawlodar geboren, einer Stadt im Nordosten von Kasachstan. Dann wissen wir von dir, dass du 2005 in die Jugend des SC Paderborn gewechselt bist. Dort bist du ja auch aufgewachsen. Erzähl doch mal bitte, wann und wie du nach Deutschland gekommen bist und warum du ausgerechnet in Paderborn gelandet bist?
Sergej: Meine Vorfahren waren deutsch, sie sind aufgrund der Peuplierungspolitik von Katharina II. ins damalige Russland übergesiedelt. Meine Großeltern und auch die Großeltern meiner Frau haben deutsch gesprochen. Das wurde über die Jahrzehnte gepflegt. Nach dem Fall der Mauer kam es dann zur Rückführung und so sind wir 1990 nach Deutschland gekommen, da war ich damals 9 Monate alt. Wenn ich mit meinen Eltern darüber spreche, sagen sie immer: „Damals in der Sowjetunion waren wir immer die Deutschen und hier waren wir immer die Russen.“ Ich bin ja komplett hier groß geworden, und identifiziere mich nur mit Deutschland, auch russisch hab ich leider nie gelernt. Ich kann die Sprache verstehen, aber nicht sprechen. Ich bin ja hier gleich in den Kindergarten gekommen und da wurde natürlich nur deutsch gesprochen. Da fand ich dann wahrscheinlich am Russischen auch keinen Reiz mehr. Ich war einmal in meinem Geburtsort, ein kleines Dorf in der Nähe von Pawlodar, da wohnen jetzt aber kaum noch Leute. Wie wir dann in Paderborn gelandet sind, kann ich auch nicht sagen.
Blog36: Die ehemalige deutsche Leichtathletin Inna Weit, die ein knappes Jahr älter ist als du und recht erfolgreich in den Sprintdisziplinen war, wurde ebenfalls in Pawlodar geboren und wuchs ebenfalls in Paderborn auf. War das Zufall?
Sergej: Echt? Sie kommt auch aus Pawlodar? Das wusste ich nicht. Aber: Ja, ich kenne sie. Sie ist Leichtathletin und sie hat mit ihrer Mannschaft im selben Fitnessstudio trainiert wie wir mit dem SC Paderborn. Aber das muss Zufall sein. Sie ist glaube ich 1-2 Jahre älter, wir waren auf derselben Schule und kennen uns vom Sehen. Ist ja verrückt.
Blog36: Wie war dein Ankommen damals im gerade wiedervereinten Deutschland und wie bist du zum Fußball gekommen?

Sergej: Für meine Eltern war das schon ein großer Umbruch. Wir hatten ja in der Sowjetunion ein Haus mit Garten, meine Eltern haben sich selbst versorgt. Hier gab es dann viel Industrie und Dinge, die man so nicht kannte. Man musste viele Sachen kennenlernen, wir sind aber im Großen und Ganzen schnell angekommen. Der politische Umbruch spielte eher für unsere Familie keine Rolle sondern eher im persönlichen. Man hat hier einen ganz anderen Lebensstandard und ganz andere Ausgangsbedingungen. Für viele vor Ort war es nicht vorstellbar, wegzugehen. Die hatten alles: Haus, Garten, Arbeit und es war nicht vorstellbar, das alles zurückzulassen. Im Nachhinein waren aber viele froh, den Schritt gewagt zu haben. Wir auch.
Blog36: Was ging dir durch den Kopf als vor wenigen Jahren die Proteste gegen den Zuzug von Geflüchteten stattfanden, Flüchtlingsunterkünfte brannten und eine aggressive Stimmung in der Bevölkerung herrschte? Schließlich waren deine Familie und du ja mal in einer ähnlichen Situation, also die Heimat zu verlassen und an einem fremden Ort zu ziehen.
Sergej: Das kann man natürlich nicht ganz vergleichen und mir fehlt auch das Wissen aus den Anfangsjahren, was Diskriminierungserfahrungen angeht. Als Kind bekam ich es nicht so richtig mit, ob wir es schwer hatten oder nicht. Mit den letzten Jahren blickt man da schon ein wenig anders drauf. Es ist traurig, dass manche Menschen das Verhalten einzelner Flüchtlinge verallgemeinern. Es ist auch traurig, dass gewisse Parteien oder insbesondere eine bestimmte Partei solche Zustimmung gewinnt für diese Politik. Ich kann mir auch vorstellen, dass viele der Spätaussiedler selbst diese Partei gewählt haben. Sie sehen sich als Deutsche, die hier ein altes, neues Zuhause gefunden haben. Vielleicht denken auch einige: „Ich musste mir hier alles selbst erarbeiten und die Flüchtlinge bekommen alles gestellt“. Aber so ist es ja nicht, man bekam ja auch Unterstützung als Spätaussiedler.
Blog36: Wurde darüber auch in der Mannschaft gesprochen, insbesondere unter denen, die eine ähnliche Geschichte haben? Mit Siggi, Rolf Sattorov und Steven Rakk sind ja weitere Kinder von Spätaussiedlern in der Mannschaft.
Sergej: Klar, das war gerade nach den Bundestagswahlen Thema. Wir haben ja auch Spieler, die aus unterschiedlichen Regionen kommen. Es wurde verglichen in welcher Region diese besagte Partei wieviel Stimmen bekommen hat. Lucas Albrecht, der ja aus Mecklenburg-Vorpommern kommt, musste da ganz schön einstecken. Girth und Schulze sind ja weg (lacht). Ich wusste zum Beispiel auch gar nicht, dass Nordhessen so dermaßen rot ist. Um Paderborn herum ist es ja eher schwarz. Das Gerede um diese bestimmte Partei, nervt aber auch mit der Zeit. Würde keiner mehr darüber reden, wären die bald auch wieder weg – glaube ich. Jetzt zum Fußball: Beim KSV hatten wir eine Aktion mit Jumpers e.V., da hatte dann ja auch Cacau vorbeigeschaut. Da haben wir mit Geflüchteten Trainingseinheiten absolviert oder Fußballschuhe und Sportkleidung gespendet. Aber das ist ja auch das Geile am Fußball: Sowas wie Nationalitäten, Hautfarbe, Religion interessiert einfach keinen. Hier geht es um Leistung und wenn einer nicht alles gibt, kriegt er auf den Deckel. Nicht weil er sonntags in die Kirche geht oder Tätowierungen hat, das interessiert alles nicht. Alle sind gleich und das hab ich bisher in jedem Verein so erlebt. Es geht eben um Fußball und das man im Team zusammenarbeitet und sich gegenseitig unterstützt.
„Ich bin ja keine 300 Kilometer weggezogen, um mich dann nur mit sowas zu beschäftigen.“
Paderborn. Wilhelmshaven. Meppen.
Blog36: Wie lief denn deine schulische bzw. berufliche Laufbahn in Paderborn ab?
Sergej: Ich bin relativ spät in den Leistungssport gegangen, erst mit 16 Jahren hab ich bei Paderborn in der A-Jugend gespielt. Nach meinem Realschulabschluss fing ich eine Berufsausbildung zum Bürokaufmann an, die ich auch durchgezogen hab. Das war mir schon immer wichtig und in die kaufmännische Richtung wollte ich auch, da bin ich dann auch hängen geblieben. Nach der 3-Jährigen Ausbildung hab ich mich dann gefragt, ob ich jetzt tatsächlich die nächsten 40 Jahre im Büro verbringen will und mich dann für Fußball entschieden (lacht). Mir war aber schon immer klar, dass nicht jeder Profi wird und es nicht selbstverständlich ist, mit Fußball Geld zu verdienen. Dann hab ich in Bielefeld mein Fachabi nachgeholt. In der Zeit bin ich von Paderborn immer nach Bielefeld gependelt. Dann bekam ich die Chance bei den Profis mit zu trainieren und da hab ich mich ganz gut geschlagen. Ich gehörte danach zum erweiterten Zweitligakader und wollte mich komplett auf den Fußball konzentrieren. Mit Anfang 20 konnte ich das Profidasein dann erleben. Das war eine tolle Erfahrung und das würde ich so immer wieder machen. Wochenends spielte ich dann in der 2. Mannschaft und trainierte unter der Woche mit der Ersten. Ich fuhr immer wieder mit zu den Spielen und war dann im 18er Kader. Jedoch wurde ich nur einmal eingewechselt in der 2. Liga und das war es dann auch schon. Dann war die Saison rum und es kam ein neuer Trainer. Der hieß Roger Schmidt, der ist mittlerweile in China und wurde zwischendurch in Leverkusen bekannt. Roger Schmidt war damals noch ein relativ unbeschriebenes Blatt, er war davor in Münster. Er hat sich mit mir unterhalten und wollte mich im Kader der 1. Mannschaft behalten. Ich machte das Jahr dann auch mit, bin aber nie nachgerückt. Beim nächsten Gespräch mit dem Trainer hat er mir dann empfohlen, noch 1-2 Schritte zurückzugehen um dann nochmals einen nach vorne zu machen, da es im Moment für die 2. Liga nicht reicht. Er hat mich gut betreut und unterstützt, indem er mal Anrufe gemacht hat oder Empfehlungen aussprach. Das war echt cool von ihm und dann bin ich in Wilhelmshaven gelandet.
Blog36: Von Paderborn bist du 2012 zum SV Wilhelmshaven, bist dort aber nur für ein halbes Jahr geblieben. Unsere ehemaligen Spieler Daniel Beyer und Sebastian Busch hatten dort auch Kurz-Aufenthalte. Wie waren deine Erfahrungen mit dem Verein und seinem Umfeld?

Sergej: Ach, Daniel und Buschi kenne ich wohl, aber ich wusste nicht, dass die ebenfalls mal in Wilhelmshaven waren. Das Problem dort war, dass sie nur von einem Sponsor gelebt haben. Der hatte eine Zeit lang richtig Lust etwas zu machen, er soll angeblich auch mal mit dem Helikopter zum Training gekommen sein und er bestimmte, wer spielt. Das hab ich aber alles erst im Nachhinein mitbekommen. Ich hab ihn nie gesehen in dem halben Jahr. Er hat auch das Geld immer nur so überwiesen, wie er es wollte. Auch die Vertragslage war aus meiner Sicht nicht immer so eindeutig. Das Geld kam nie pünktlich und das war immer Thema in der Mannschaft. Trainiert wurde dann auch nicht richtig. Wisst ihr, ich bin ja keine 300 Kilometer weggezogen um mich dann nur mit so was zu beschäftigen. Im Nachhinein war es eine Erfahrung, die mich nicht umgebracht hat, sondern nur stärker gemacht hat für andere Vereine. Beim SV Meppen war ich schon vor der Saison im Probetraining, die hatten zu der Zeit aber schon genügend Spieler. Aber zur Winterpause hatte es sich dann ergeben, dass sie mich nachverpflichten wollten. Ich wechselte dann nach Meppen und blieb somit in derselben Liga. Dann ist Wilhelmshaven auch runtergegangen. Der Sponsor hat sich komplett zurückgezogen und der Verein ist bis in die Bezirksliga abgestürzt.
Hintergrund: in der Saison 2012/13 wurden dem SV Wilhelmshaven 6 Punkte abgezogen, was den Abstieg bedeutet hätte, wenn Holstein Kiel nicht gegen Kassel die Aufstiegsspiele gewonnen hätte. Grund für den Punktabzug waren nicht getätigte Ausbildungszahlungen für einen argentinischen Spieler in Reihen des SVW. 2014 entschied die FIFA, dass Wilhelmshaven zwangsabsteigen muss. Da der SVW aber keine Lizenz für die Oberliga beantragt hatte, erfolgte der Absturz in die sechstklassige Landesliga Weser-Ems. Das Chaos im Club brach aus. Ein Jahr später stieg der SVW dann sportlich erneut ab in die Bezirksliga. Währenddessen versuchte sich der Verein juristisch gegen das FIFA-Urteil zu wehren – mit Erfolg! Der Bundesgerichtshof entschied 2016, dass der Zwangsabstieg 2014 nicht gerechtfertigt war, weil die Satzung des Norddeutschen Fußballverbands diesen Fall nicht vorsieht. Seit Januar 2017 klagt der Verein um eine Wiederaufnahme in die Regionalliga Nord – allerdings bisher noch ohne Erfolg.
Sergej: Das war auch bei uns Thema. Dieser argentinische Spieler wurde drei Jahre vor uns verpflichtet, darum sind wir auch mit Minuspunkten in die Saison gestartet. Ihr seht: mir passiert das nicht zum ersten Mal (lacht). Der Kicker interviewte mal den Präsidenten des SV Wilhelmshaven, der natürlich jetzt versucht, verlorene Sponsorengelder und Erlöse von vermeintlichen Kartenverkäufen zu reklamieren. Ist alles schlecht gelaufen dort, das wünscht man keinem Verein. Jedenfalls als der Gönner damals noch Bock hatte, hat er auch richtig Geld in die Hand genommen. Da haben einige richtig abgesahnt. Die hatten Anfang 2002 auch Dirk Schuster verpflichtet, der war damals schon 35 Jahre alt. Viele Fans hatten sie nicht, aber es ging immer was. Das ist ja auch typisch für Vereine, die von einem abhängig sind. Da gibt es eine gewisse Unzufriedenheit, da sich die Gönner immerzu einmischen. Da wird dann mal der Wunschspieler des Trainers plötzlich ausgewechselt, weil der Gönner auf der Haupttribüne sitzt und einen besseren Vorschlag hat.
Blog36: Welche Rolle hat für dich Andre Schubert in deiner bisherigen Laufbahn gespielt? Schubert war ja nicht der einzige Nordhesse in Paderborn. Jan-Moritz Lichte war damals Co-Trainer und Michael Gibhardt konntest du dort auch schon kennenlernen. Wie ging es mit dir und Andre Schubert weiter?

Sergej: Und Volker Wörner nicht zu vergessen! Er war damals Betreuer und hat die Spieler aus Nordhessen gefahren. Schubert und Lichte bauten das Leistungszentrum in Paderborn auf. Es sind auch Spieler aus Nordhessen gekommen, weil Andre die auch kannte und einschätzen konnte. Darunter zum Beispiel Ingmar Merle, Sebastian Wagner, der jetzt bei Vellmar spielt, Mike Feigenspan, die Friedrich-Brüder, Tobi Schlöffel, Gianluca Maresca und noch einige andere. Ich hab ein Jahr B-Jugend und ein Jahr A-Jugend gespielt. Dann wurde Schubert Koordinator des Nachwuchsleistungszentrums. Er hat mich dann als A-Jugendlicher in die 2. Mannschaft hochgezogen und ich durfte dort die Vorbereitung mitmachen. Da hab ich mich dann durchgebissen und wurde mit 17 Jahren Kapitän der der 2. Mannschaft des SC Paderborn und hab da auch regelmäßig gespielt. Mit 17 Jahren Kapitän war aber schon sehr früh.
Blog36: Hast du dann erstmal deine Mitspieler zum Bälle holen geschickt?
Sergej: (lacht) Ne, das traute ich mich nicht. Meine Mitspieler waren ja zum Teil schon 30 und ich als 17jähriger Kapitän? Nein, aber es hat funktioniert. Ich hab dort vier Jahre 2. Mannschaft gespielt. Andre Schubert wurde dann sportlicher Leiter der Profis und später dann Cheftrainer, als es sportlich bei den Profis nicht mehr so lief. Er hat den Aufstieg in die 2. Liga geschafft und ich bin im Kader geblieben, das war 2010/2011. Ich war 2 Jahre bei den Profis, erst unter Schubert, dann kam Roger Schmidt.
Blog36: Dein Einsatz in der 2. Liga kam bisher noch nicht so richtig vor.
Sergej: Klar, da hab ich 6 Minuten gespielt und zu Hause 0-5 gegen Energie Cottbus verloren. Geknipst hatte damals viermal Nils Petersen, der ja aktuell auch wieder gut drauf ist. In dieser Saison wurde er Torschützenkönig und ging dann zu den Bayern.
„Der entscheidende Punkt war, dass ich etwas für mein zweites Standbein machen wollte.“
Sergejs Weg nach Kassel im Jahr 2014
Blog36: Du bist dann nach deiner Stipvisite in Wilhelmshaven in Meppen auf den Ex-Löwen Martin Wagner getroffen. Hat er dir Kassel ans Herz gelegt?
Sergej: Mit ihm hab ich über Kassel gesprochen, aber erst als feststand, dass ich hierher wechsele. Dass er beim KSV spielte, ist aber auch schon ein paar Jährchen her. Seine Frau hat er jedenfalls in Kassel kennengelernt. Martin hat noch von den alten Kabinen gesprochen und dem alten Funktionsgebäude. Da haben wir ja inzwischen super Bedingungen, auch mit dem Fitnessstudio gegenüber.
Blog36: Dein damaliger Trainer Christian Neidhard, der immer noch Trainer in Meppen ist, sagte damals der örtlichen Zeitung: „Ich habe immer gehofft, dass Sergej bleibt. Er hat sich bei uns sehr gut entwickelt. Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich gehört habe, dass er unser Angebot nicht angenommen hat.“ Warum wolltest du Meppen trotzdem verlassen?
Sergej: Mir hat Neidhard auch gesagt, dass er überrascht war. Er war bereits mein Trainer in Wilhelmshaven. Er und auch der SV Meppen wollten mit mir verlängern und ich hatte die Möglichkeit nach Kassel zu kommen. Der Kontakt zu Hessen Kassel kam über Andre Schubert zustande…
Blog36: …der zwischenzeitlich beim KSV ehrenamtlicher Sportvorstand war…
Sergej: …genau! Jedenfalls hatten wir uns in Meppen eigentlich richtig wohl gefühlt, alles hat gepasst. Ich hatte einen Stammplatz und es war eine super Region dort. Der entscheidende Punkt war, dass ich etwas für mein zweites Standbein machen wollte. Ich wollte Lehramt studieren, also Wirtschaftspädagogik und ich wusste, dass ich in Kassel und Oldenburg studieren konnte. Oldenburg ist aber eben 80-90 km weg von Meppen. Dann war die Überlegung: Bleib ich in Meppen, wo ich mich wohl fühle, alles und jeden kenne und pendel täglich zur Uni nach Oldenburg? Oder wage ich etwas Neues und gehe nach Kassel? Ich wusste ja nicht wie lange ich da bleiben kann oder ob nach zwei Jahren wieder alles vorbei ist. Das war eben ein anderes Risiko, wenn ich mein Studium dort angefangen hätte.
Blog36: Jedenfalls ein mutiger aber aus unserer Sicht auch ein richtiger Schritt.
Sergej: Wir hatten aber auch Bock was Neues zu machen, wir sind jetzt an unserer Familie dran die noch in Paderborn lebt. Kassel ist ja eine größere Stadt, auch mit der Uni direkt vor der Tür. Wir waren dann schnell der Überzeugung, dass Kassel der richtige Weg ist, alles unter einen Hut zu bekommen.
Blog36: Es waren beim KSV auch turbulente Zeiten als du unterschrieben hast.
Sergej: Ja, ich wusste nicht, ob die Mannschaft nicht vielleicht absteigt oder drin bleibt und ob mein Vertrag überhaupt Gültigkeit hat. Ich hatte ja noch in der laufenden Saison 2013/14 unterschrieben…
Blog36: Die Situation war zu dieser Zeit beim KSV war folgende: Wir hatten unter Jörn Großkopf eine ultra-beschissene Saison, im Winter übernahm Matthias Mink und unsere liebe Henne, Kullmann, Koczor und Lachheb wurden verpflichtet. Wie liefen dann die Gespräche mit dir?
Sergej: Zum einen hab ich bei einem Gespräch hier Matthias Mink kennengelernt zum anderen Andre Schubert vertraut. Ich hatte dann schnell das Gefühl, dass es hier professionell zugeht. Die zeigen einem natürlich beim Besuch hier den VIP Raum, das Stadion, Sauna, Großkabinen – ist ja auch nicht normal in der Regionalliga – Kältebecken, Fitnessstudio und den Whirlpool hatten wir damals noch. Der ist leider inzwischen kaputt. Wahrscheinlich hat da jemand zu wild gefeiert (lacht). Durch die Gespräche hatte ich auch ein sehr gutes Gefühl und wusste, wenn man das Jahr schafft, dann ist alles möglich. Es gab also mehrere Komponenten, die für Kassel sprachen.
Blog36: Wie war denn dein Eindruck vom KSV als du hier zur Saison 2014/15 angefangen hast?
Sergej: Es ist natürlich immer aufregend, wenn man irgendwo neu ist. Man kennt kaum Spieler, man versucht sich seinen Platz zu erarbeiten. Es ging in den ersten Wochen nur um Sport, Sommervorbereitung jeden Tag zweimal trainieren, ich war da richtig platt. Da ging es nur um Training, Training, Training. Das Studium ging ja erst im Oktober los und ich konnte mich voll auf den Fußball konzentrieren. Der Eindruck war gut, die Trainingsarbeit hat mir gut gefallen, wir hatten gute Bedingungen und alles lief hoch professionell. Für Regionalligaverhältnisse war das vom Umfeld her ein klasse Eindruck.
Blog36: Deine erste Saison war dann, außer natürlich dem Hessenpokalsieg, relativ unspektakulär. Welchen Stellenwert hat der Gewinn des Hessenpokals für dich?
Sergej: Ich hab ja bis dahin noch nie einen Verbandspokal gewonnen. Das hat eine Wahnsinnseuphorie ausgelöst. Das war echt cool im Finale gegen Gießen mit 6000 Zuschauern. Alle haben voll mitgezogen. Das hätte ich nicht gedacht, dass der Hessenpokal so eine Bedeutung hat und im Umfeld so eine Rolle spielt. Das Leute zum DFB-Pokal kommen, war mir klar, aber schon vorher im Hessenpokal, das hat mich überrascht. Im Halbfinale gegen Wehen Wiesbaden, Drittligist, waren es ja nur 3000 Zuschauer, das war aber eigentlich das geilere Spiel. Enno haut das Ding gegen Wehen dann noch in der Verlängerung rein, ein abgefälschter Schuss. Da kann ich mich noch gut erinnern.
Blog36: Wie ist denn die Willkommenskultur des KSV für neue Spieler? Gibt es Ansprechpartner die den Bedarf ermitteln und dann bezüglich Wohnung, Job, Immatrikulation usw. unterstützend tätig sind? Wie läuft das eingewöhnen in Kassel?
Sergej: Es gab schon Support, ich verlasse mich aber dann nicht gerne auf Andere. Ich hol mir schon Hilfe, entscheide aber selbst, z.B. hab ich nach der Wohnung hier gesucht. Ich finde das auch besser, dann spielt da der Verein keine Rolle sondern ich hab mein eigenes Ding. Beim Studium zum Beispiel war Herr Weikert zuständig, wobei man sagen muss, der hat schon das ein oder andere mal vermittelt. Bei mir gab es aber keine Probleme, ich hatte einen guten Schnitt und wurde direkt an der Uni angenommen. Im Endeffekt hab ich alles selbst gemacht, auch die Seminarzeiten. Da musst du ja schauen, dass die Seminare Vormittags stattfinden. Nachmittags ist ja immer Training. Wenn man ehrlich ist, dort informiert, dass man Fußball spielt, damit sein Geld verdient und Familie hat, klappte das eigentlich immer. Seit zwei Semestern gibt es in Kassel sogar eine bevorzugte Einwahl für Eltern. Das ist richtig cool, vor allem in Sport. Ich wusste aber, dass es mit Herrn Weikert einen Ansprechpartner gab, falls mal was nicht so klappen sollte. Vor allem jüngere Spieler bekommen da Unterstützung, die eben noch nie mit Wohnungssuche oder Internetvertrag zu tun hatten. Ansonsten hatte ich noch mit Torsten Pfennig einen Ansprechpartner auf der Geschäftsstelle. Aber insgesamt mache ich das lieber alles selber.
Blog36: Gutes Stichwort mit dem Selbermachen. Auf transfermarkt.de steht, dass du keinen Spielerberater hast. Machst du das auch selbst?
Sergej: Ja, mache ich auch alleine. Den letzten Vertrag hab ich selbst verhandelt und abgeschlossen.
Blog36: Und holst du dir keine Unterstützung hinzu?
Sergej: Ich hatte mal einen Berater und hab dann gemerkt, selbst mit Berater muss man alles eigenständig machen. Wozu dann eigentlich einen Berater? Ich hab die Gespräche geführt, bin nach Kassel gefahren, usw. Ich weiß was ich will und für meine Familie brauche, deswegen mache ich das alleine. Es gibt einen befreundeten Rechtsanwalt der mir seine Hilfe angeboten hat, aber die Verträge sind mittlerweile fast alle standardisiert.
Blog36: Sylvano Comvalius hatte dann wohl einen anderen Standardvertrag?
Sergej: Ja, sein Berater hat einen ganz eigenen Standard (alle lachen). Aus Pflichtspielen und Trainingsspielen wurden einfach Spiele die zählten. Ja, vielleicht brauche ich doch einen Berater (lacht).
„Nach dem Ausstieg von VW haben wir uns Sorgen gemacht“
Turbulenzen in Kassel
Blog36: Gab es neben der Verlängerung aus Meppen und dem Angebot aus Kassel noch höherklassige Angebote?
Sergej: Nee, damals nicht. Aber als ich im Februar 2016 meinen Vertrag um 3 Jahre verlängerte, gab es ein Interesse aus Saarbrücken. Die hatten sich bei meinem vorherigen Berater gemeldet und wollten mich gerne haben.
Blog36: Du hast dich aber für Kassel entschieden.
Sergej: Ja, da hab ich auf mein Herz gehört (lacht). Nee, im Ernst: Ich hab mich fürs Bleiben entschieden. Ich weiß, in Saarbrücken hätte ich um einiges mehr Geld verdienen können. Man hört ja auch immer wieder, was in Saarbrücken, Elversberg und so verdient wird. Wir haben uns hier wohlgefühlt, haben ein super Umfeld und ich konnte hier mein Studium weitermachen. Wir haben keinen Grund gesehen, hier wegzugehen. Ich hatte hier die Möglichkeit um drei Jahre zu verlängern, deshalb hab ich mich mit dem Angebot aus Saarbrücken gar nicht beschäftigt.
Blog36: Stark, das du dich dann für Kassel entschieden hast. Kurz danach ging es dann aber mit den Turbulenzen beim KSV los.
Sergej: Ja, das war dann leider enttäuschend, dass ich in den Gesprächen davor was ganz anderes erzählt bekommen habe.
Blog36: Es gab ja auch 2016 einen ominösen Neujahrsempfang, als Herr Weickert den Aufstieg als Ziel ausgegeben hatte – nicht mal zwei Jahre her.
Sergej: „Wir brauchen nur eine Million mehr, dann kann man angreifen“. So wurde es gesagt und fast im selben Atemzug wurde meine Vertragsverlängerung bekannt gegeben.
Blog36: Dann ging die Rückrunde los und am Rande eines Heimspiels hat dann VW seinen Rückzug bekannt gegeben. Habt ihr euch nicht verarscht gefühlt?
Sergej: Ja, das war schon eine Lücke die da gestopft werden musste. Da haben wir uns schon Sorgen gemacht, wie man als KSV überhaupt dann noch eine Rolle spielen will. Bei uns intern ging es zu der Zeit aber gar nicht um Aufstieg.
Blog36: Wurde dir damals gleich ein Dreijahresvertrag angeboten oder war das ein Ergebnis deiner harten Verhandlung ohne Berater?

Sergej: Der Dreijahresvertrag war meine Bedingung. Erstmal liefen ja die Gespräche sehr positiv, wir haben uns über die Ziele und das, was der Verein erreichen will, unterhalten. Dass man in den nächsten Jahren aufsteigen will, vielleicht nicht gleich nächstes Jahr aber dann in zwei Jahren. Die Professionalisierung wird vorangetrieben, der Kader breiter aufgestellt und es soll noch mehr Konkurrenzkampf auf den Positionen geben. Das hat mich schon sehr beeindruckt. Warum soll ich dann woanders hingehen und nicht hier langfristig planen? Wenn ich dann in zwei, drei Jahren in der 3. Liga spielen kann und das mit dem KSV, wäre das doch perfekt. Bis dahin schaffe ich große Teile meines Studiums und hab Sicherheit für die Familie. Deswegen war meine Bedingung auch drei Jahre.
Blog36: Ist sonst ungewöhnlich in der Liga wo normalerweise nur Jahresverträge gemacht werden.
Sergej: War ja auch der erste Vertrag, den ich alleine ausgehandelt hab (lacht).
Blog36: 2017 ist dafür dein ehemaliger Verein SV Meppen in die 3. Liga aufgestiegen.
Sergej: Ja, dann sehen wir uns eben in 2 Jahren. (alle grinsen)
Blog 36: Nachdem VW seinen Ausstieg verkündete, gab es bei dir dann Zweifel um deine eigene Zukunft?
Sergej: Natürlich macht man sich dann Sorgen, ich war ja selbst überrascht. Zum einen verlängern die langfristig, dann steigt VW aus. Auf einmal hört dann Herr Weikert auf wegen gesundheitlichen Problemen . Dann kam das ein oder andere Gehalt nicht pünktlich. Da hab ich mich natürlich schon gefragt, ob ich mich für die falsche Alternative entschieden hab. Klar hat man da Zweifel.
Blog36: Du hast ja ne Familie zu ernähren.
Sergej: Ja eben. Genau.
Blog36: Na gut. Was folgte war der Ausstieg von VW und der Weggang des Trainers Mink. Das wäre doch eigentlich die größte Chance für nen Aufbruch gewesen und neue Sponsoren zu gewinnen.
Sergej: Das hab ich mir auch gedacht. Es hieß ja auch immer, dass was geht, wenn die Gremien neu besetzt wurden. Aber ihr habt ja sicher auch mit Daniel Bettermann gesprochen. Die haben es ja versucht aber es klappte wohl irgendwie nie so richtig.
Blog36: Das ist schon heftig. Wir haben mal nachgerechnet: Was VW insgesamt in den acht Jahren hier in den Verein am Standort ihres zweitgrößten Werks reingesteckt hat, entspricht einem halben Jahresgehalt von Mittelfeldspieler Diego in seiner Zeit beim VfL Wolfsburg. Also insgesamt. Was VW beim KSV investierte war zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben.
Sergej: Ja, ich hatte auf die Aufbruchsstimmung gehofft, nachdem VW ausgestiegen war. Aber was soll man machen? Ich hab dann gesagt, dass ich es durchziehe bis es halt nicht weitergeht. Am Ende kannst du es eh nicht beeinflussen. Ich meine, man hat ja am Ende doch immer irgendwie die Kurve bekommen. Das Geld kam dann doch irgendwie immer.
„Der Teamspirit war unsere DNA“
Die geile Saison 2016/17
Blog36: Im Sommer 2016 stand dann fest: Mink hört in Kassel auf, Cralle wird sein Nachfolger und ein radikaler Umbruch wird eingeleitet. Es wurde mit Ausnahme von Lucas Albrecht kein einziger erfahrener Spieler verpflichtet und verstärkt auf junge Spieler gesetzt. Was waren aus deiner Sicht die Erfolgsfaktoren in der letzten Saison?
Sergej: Auf jeden Fall der Teamspirit. Wir waren ne richtige Einheit, sind für einander maschiert. Jeder gibt für jeden alles. Das war unsere DNA. Jeder Spieler, der Zeugwart oder der Busfahrer…(kurze Pause)…naja, wir hatten ja gar keinen Busfahrer, weil wir immer mit den Kleinbussen…
Blog36: Also Tobi Damm!
Sergej: Stimmt! (alle lachen) Der Trainer hat das vorgelebt und wir habens am Wochenende umgesetzt, haben immer alles reingeworfen in den 90 Minuten und dann haben wir ne Menge dreckiger Siege und somit auch die Punkte geholt. Gleich vom ersten Spieltag an in Pirmasens. Das hat uns dann einfach ausgemacht. Das war so ne Unbekümmertheit: Keiner hatte uns auf der Rechnung, wahrscheinlich lachten die sich noch über unsere junge Truppe kaputt. Aber wir haben immer wieder gesagt: Wir zeigens denen, die müssen erstmal gegen uns gewinnen. Ich glaub, das waren so die Faktoren. Aber wir hatten ja trotzdem die Qualität, wir waren halt bloß nicht in der Breite so gut aufgestellt. Trotzdem konnten wir die Ausfälle besser ersetzen als in diesem Jahr. Tja. Und wir hatten halt auch ständig einen guten Puffer zu den Abstiegsplätzen. Da fällt es einem auch leichter und man macht sich nicht so viel Gedanken.
Blog36: Im darauffolgenden Sommer hat sich ja nicht so wahnsinnig viel verändert am Kader. Was ging in dir vor als das mit der Insolvenz losging und eventuell alle Verträge ungültig wären?

Sergej: Die Nachricht erreichte uns durch Steffen Friedrich in einer Zeit, wo wir gerade noch Pause hatten. Es wurde immer gesagt: „Insolvenz ist kein Thema!“ Und nun das. Ich hab mich gefragt, was ich jetzt machen soll und dachte mir, dass es gut ist, erstmal zum ersten Training zu gehen um an weitere Informationen zu kommen. Ich war dann erstmal froh, dass alle beim Trainingsauftakt waren und auch, dass mit Sebastian Szimayer ein Neuzugang da war. Das hat mir Hoffnung gemacht, dass es trotz Insolvenz weitergehen kann. Ich war dann erstmal erleichtert: Trainer war da, altbekannte Gesichter waren da – irgendwie war alles beim Alten. Aber natürlich hat man auch die Probleme gesehen: die Minuspunkte, die finanzielle Unklarheit und dass wir mit Giese und Damm zwei sehr erfahrene Spieler abgegeben haben und als Mannschaft nochmals jünger geworden ist. Tja, was ging in meinem Kopf vor? Ich war schon sehr verunsichert, in erster Linie aufgrund meiner familiären Situation. Ich bin halt nicht so flexibel wie junge Spieler, die ruckzuck ihre Sachen packen und woanders hingehen könnten. Da brauchen wir halt etwas länger. Aber durch das Auftreten der Insolvenzverwalterin und dass neue Leute in den Gremien das Sagen übernommen haben, ist in mir auch so eine Aufbruchsstimmung entstanden und das Positive hat das Negative überwogen. Man hat sich halt ein paar Tage wirklich nen Kopf gemacht aber durch die Kontinuität im Umfeld war das dann auch recht schnell vorbei. Und wir blenden das auch mittlerweile komplett aus. Es gibt diesbezüglich auch keinen Anlass zur Sorge. Das Geld kommt immer pünktlich. Was uns umtreibt und uns beschäftigt ist der Blick aufs Sportliche. Gut, im Januar stehen ja nun Entscheidungen an, es soll eine Gläubigerversammlung geben und nach all dem was ich bisher gehört habe, sind ja alle recht positiv gestimmt.
Blog36: Eine Sache aus der Hinrunde interessiert uns dann besonders: Man hört ja, dass du, als wir bei den Stuttgarter Kickers zur Halbzeit 0:3 hinten gelegen haben, eine fulminante Halbzeitansprache gehalten hast und wir deshalb überhaupt dort am Ende noch nen Punkt mitgenommen haben. Was hast du da bloß gesagt?

Sergej: Naja, nun, ihr könnt euch das bestimmt vorstellen: 3:0 in der Halbzeit in nem Live-Spiel. Ich hasse Live-Spiele auf Sport1, ich hab noch nie eins gewonnen – weder mit Meppen noch mit dem KSV. Ich hasse Live-Spiele (alle lachen). So. Dann komm ich in die Kabine und alle sitzen da mit hängendem Kopf. Ich wusste ja nicht was der Trainer vor hatte also hab ich erstmal auch nichts gesagt. Fünf Minuten Stille. Und dann hab ich mir gesagt: Mensch, so können wir nicht rausgehen. Und dann hab ich gesagt, dass wir uns so nicht verkaufen dürfen. Und dass das dem nicht gerecht wird, was wir bislang in dieser Saison gezeigt haben. Dass das nicht zu unserer Einstellung, unserem Kampfgeist und unserer Laufbereitschaft passt. Wir haben uns doch sonst auch nicht so hängen lassen. Das Enttäuschende war ja, dass uns diese Halbzeit ausgerechnet in dem Spiel passiert, wo so viele Leute am Fernseher zusehen. Das kann man doch nicht so stehen lassen. Also hab ich gesagt: „Jungs, lasst uns doch einfach mal ein einziges Tor schießen und dann schauen wir mal was passiert. Wenns dann am Ende 3:1 ausgeht, dann ist das halt so, aber lasst es uns probieren.“
Blog36: Klingt geil. Wäre aber ja eigentlich die Aufgabe vom Kapitän gewesen, oder?
Sergej: Naja, vielleicht hätte er es ja auch im nächsten Moment gesagt. Keine Ahnung. Es lag mir halt einfach auf dem Herzen. Ich bin ja auch im Mannschaftsrat und bin dritter Kapitän. Freddy, Siggi als zweiter Kapitän und ich wechseln uns da eigentlich ab und sind da auch eher so auf einer Ebene. Ich denke Freddy findet es auch gut, die Verantwortung auf mehreren Schultern verteilen zu können.
Blog36: Aber siehst du dich denn selbst gern auch in der Rolle des Führungsspielers, der in solchen Situationen Verantwortung übernimmt und der auch mal die Mitspieler anscheißt wenns nicht läuft?

Sergej: Naja, ich hab auch nix dagegen, wenn das andere übernehmen (lacht). Für mich ist es wichtig, auch von anderen Impulse zu kriegen. Das motiviert mich dann auch und ich brauch das manchmal. Aber ich selbst hab auch kein Problem mal nen anderen Ton anzuschlagen wenn ich der Meinung bin, dass wir das brauchen. Ich gehe auch gern zu jungen Spielern hin, wenn sie zum Beispiel nen schlechten Trainingstag hatten und baue sie auf.
„Insgesamt hat uns Kassel gut aufgenommen“
Das Leben einer jungen Familie in Kassel
Blog36: Lass uns nochmal zu was anderem kommen: du hast bei deiner Vertragsverlängerung Anfang 2016 im Interview mit der HNA gesagt, dass du deinen Verbleib beim KSV auch davon abhängig machen wolltest, ob deine Familie sich wohl fühlt. Das tut sie ja offensichtlich. Wie lebt es sich denn so aus deiner Perspektive als Familie in Kassel?
Sergej: Wir kommen hier sehr gut klar. Unsere Tochter Paula geht jetzt schon in den Kindergarten und ist da auch sehr gut angekommen. Unsere Kinder sind hier geboren und wir haben jetzt natürlich schon eine Bindung zu der Stadt. Da fällt mir ein, dass ihr ja eben danach gefragt hattet, was der Verein für Spieler tut, die neu ankommen in Kassel. Da hab ich vergessen zu erwähnen, dass Dr. Thomas Krause immer viel geholfen hat, Ärzte vermittelt hat für die Schwangerschaft – über seine Kontakte und seine Freunde. Er hat uns wirklich viel geholfen. Dass es zum Beispiel problematisch ist einen Frauenarzt zu finden wusst ich nicht (lacht)…
Blog36: Woher auch?

Sergej: (lacht) Ja. Nee, gibt halt viele die keine Neuen annehmen und da wars super, dass er uns dabei geholfen hat. Insgesamt hat uns Kassel gut aufgenommen. Wir wohnen seit dem ersten Tag hier in unserer Wohnung in Mitte, super zentral. Das brauch ich auch irgendwie. Wir gehen gern in die Stadt, grad jetzt, als der Weihnachtsmarkt war. Wir sind hier ärztlich bestens versorgt. Man kann alles zu Fuß erreichen, das ist super. Anfangs haben wir noch nicht mal nen Auto gebraucht, das war für uns auch neu. Das war dann halt auch ein kompletter Gegensatz zu der Zeit in Meppen. Das war ja im Prinzip nen Dorf, gerademal 30.000 Einwohner. Da hast du hier in Kassel einfach mehr Möglichkeiten, gerade auch mit den Kindern. Wir sind mit der Kleinen häufig zu Spielkreisen gegangen, es gibt mehr Spielplätze, Kinder-Cafés und sowas. Das ist dann auch für Emma und die Kids gut – gerade wenn ich auch mal nicht da bin bei Auswärtsspielen mit Übernachtung.
Blog36: Wie schaffst du es eigentlich immer ausgeschlafen zum Spiel zu kommen?
Sergej: Also meine Frau Emma unterstützt mich halt super. Gerade wenn am nächsten Tag Spiel ist oder ich ne Klausur schreiben muss, dann lässt sie mich schlafen. Das ist schon viel Wert. Ansonsten hab ich mich da aber auch umgewöhnt. Wenn ich sieben Stunden schlafe, ist das für mich dann auch in Ordnung.
Blog36: Bitte? Sieben Stunden Schlaf mit zwei kleinen Kindern? Wie geht das?
(alle lachen)
Sergej: Ach ich muss sagen, Paula hat halt immer sehr gut durchgeschlafen. Immer. Sie war ja auch nie krank. Jetzt halt erst, seit sie im Kindergarten ist (lacht). Schade ist einzig und allein, dass ausgerechnet die Spieler, die auch Kinder bekommen haben, jetzt weggezogen sind. Tobi Becker und Kevin Rauhut haben nicht weit weg von hier gewohnt und sind jetzt beide nach Nordhausen gegangen. Aber ansonsten sind wir hier auch viel in der Region unterwegs, ein Kommilitone wohnt auf einem Bauernhof im Schwalm-Eder-Kreis, den haben wir neulich mal besucht. Das war auch sehr schön.
„Hessenliga? Gut, dass ihr es ansprecht, denn man muss ja darüber sprechen…“
Die weiteren Planungen…
Blog36: Fühlt ihr euch denn hier so wohl, dass du auch in dem eigentlich nicht denkbaren Fall eines Abstiegs in die Hessenliga beim KSV bleiben würdest?
Sergej: Ja, interessantes Thema. Gut, dass ihr es ansprecht, denn man muss ja darüber sprechen. Wir sind sieben Punkte entfernt von dem viertletzten Abstiegsplatz. Man muss ja planen, der Verein darf ja nicht im Sommer ohne Spieler dastehen, weil die Verträge keine Gültigkeit besitzen. Der Verein hat signalisiert, dass er jetzt mit den Sponsoren sprechen möchte, wie die sich im Fall eines Abstiegs verhalten würden. Und dann soll mit den Spielern gesprochen werden. Herr Rose hat gesagt: „Es haben ja auch manche Familie“, da hab ich mich natürlich sofort angesprochen gefühlt, das fand ich gut, dass er daran auch denkt. Ich sag mal so: Ich kann mir schon vorstellen, den Weg in die Hessenliga mitzugehen, aber das hängt maßgeblich davon ab, wie der Verein sich aufstellt, wie die Perspektive ist, wen man halten will, was die Ziele sind, also ob man direkt wieder aufsteigen will. Klar spielt das Sportliche und das Finanzielle dann eine Rolle. Aber sonst können wir uns das schon vorstellen.
Blog36: Zwischen Regionalliga und Hessenliga ist halt schon ein derber Bruch, oder nicht? Die Hessenliga findest du in der Kicker-App nur unter „Amateure“, die Regionalliga kannst du noch direkt anwählen. Es ist halt auch sportlich eine gewisse Degradierung vom Profi- in den Amateurbereich.
Sergej: Absolut. Daher ist mir die sportliche Perspektive des Vereins auch so wichtig. Für mich wäre es machbar, wenn der Verein sofort wieder die Regionalliga anstreben würde…
Blog36: …so wie derzeit beim FC Homburg, wenngleich dort nach dem Abstieg nahezu die gesamte Mannschaft ausgetauscht wurde…
Sergej: Ja, aber die lassen sich das auch was kosten. Ein Kumpel von mir spielt jetzt da. Aber egal. Es muss ja nicht sofort sein, es gibt auch in der Hessenliga ambitionierte Vereine. Borussia Fulda, Hessen Dreieich. Da wäre ein direkter Wiederaufstieg ja auch nicht selbstverständlich. Ich will einfach nur wissen, wie der Verein sich aufstellen möchte, was sie vorhaben und natürlich spielt es für mich eine Rolle, sportlich auf einem hohen Niveau zu bleiben. Ich bin jetzt 28, bin nie verletzt, bin fit und will noch was erreichen. Was würde passieren, wenn unter den Umständen weniger trainiert würde? All sowas. Da macht man sich schon seine Gedanken. Ich möchte, dass der Verein auf mich zukommt und mir die Optionen aufzeigt, wie es in der Regionalliga und wie es in der Oberliga weitergehen könnte. So könnt ich dann halt planen. Aber so soll es ja auch passieren. Erstmal die Gläubigerversammlung abwarten. Wenn der Verein das Heft wieder selbst in der Hand hat, kommen die auf uns zu.
Blog36: Wir hatten halt so die romantische Vorstellung, dass durch die Tatsache, dass es so viele hier verwurzelte Spieler im Kader gibt, dass eben ein Großteil ohnehin bereit ist hier auch zu bleiben…
Sergej: Diese romantische Vorstellung geht mir auch durch den Kopf, weil ja auch viele jobtechnisch hier gebunden sind. Brandner, Hartmann, Siggi bei der Polizei, Schmeer, Marco Dawid, Nacho, Adrian studiert hier. Da sind die Voraussetzungen schon nicht schlecht.
Blog36: Wie groß ist dann die Versuchung, nicht dann doch 80km weiter Richtung Stadtallendorf oder eventuell nach Lehnerz zu fahren, wenn die anklopfen?
Sergej: Also dann wäre ich wirklich für die romantische Vorstellung. Wenn alle mit auf den Zug springen, sich der Verein neu aufstellt und man mit einer qualitativ hochwertigen Mannschaft und einem guten Fundament an Spielern, die sich auch mit dem Verein identifizieren können und gern hier Fußball spielen, wieder auf einer wirtschaftlich soliden Basis einen Neuanfang wagen würden. Und da könnte ich mir durchaus vorstellen, da mitzuziehen.
Blog36: Dafür muss halt dann auch früh ein Gerüst stehen.
Sergej: Ja. Und dafür muss dann einer den ersten Schritt machen. Aber uns wurde von Herrn Rose versichert, dass der Verein auf die Spieler zukommen wird. Enno hat mir auch gesagt, dass ich Geduld haben muss und dass derzeit uns nichts Seriöses gesagt werden kann. Man will halt keine leeren Versprechungen machen wie in der Vergangenheit. Das hört sich für mich erstmal ehrlich und solide an.
„Ich glaube an die Jungs. Keiner gibts sich auf, das macht mir Mut!“
Warum der KSV nicht absteigen wird…
Blog36: Ha, witzig! Jetzt haben wir die ganze Zeit über etwas gesprochen, was eh nicht eintreten wird. Daher halt bitte nochmal einen flammenden Appell dafür, warum wir nicht absteigen werden.

Sergej: Weil wir jetzt erstmal ne richtig harte Vorbereitung haben werden und weil wir konditionell danach so fit sind, dass wir die letzten 15 Spiele marschieren werden und uns für unseren Einsatz endlich belohnen werden. Wir werden die ersten Spiele gleich gewinnen und kommen dann auf eine Erfolgswelle. Dann haben wir die nötigen Punkte und das Glück, dass Saarbrücken und wahrscheinlich Mannheim oder Elversberg aufsteigen und niemand aus der 3. Liga absteigt. Und so könnte der viertletzte Platz ausreichen. Und vielleicht schaffen wir es ja, den fünftletzten Platz zu belegen oder noch besser abzuschneiden. Wir müssen gleich die ersten Spiele erfolgreich gestalten und dass es dann vielleicht sogar von alleine läuft. Darauf hoffe ich. Ich glaube da auch an die Jungs. Wir haben bisher schon gut gearbeitet. Es lässt sich auch keiner hängen, keiner sitzt da mit hängendem Kopf, keiner gibt sich auf und das macht mir Mut.
Blog36: Du hast eure harte Vorbereitung erwähnt. Wie können sich denn aus deiner Sicht die Fans optimal auf das harte Restprogramm vorbereiten damit wir euch unterstützen können?
Sergej: Hm, naja, ihr macht ja eigentlich schon alles richtig. Das mein ich ganz im Ernst. Findet ihr nicht, dass die Fans trotz dieser ganzen Misere so geschlossen hinter der Mannschaft stehen? Das hat Enno Gaede auch bei der Weihnachtsfeier erzählt, dass er das hier noch nie erlebt hat und er ist schon so lang beim KSV dabei. Das ist der Wahnsinn.
Blog36: Stimmt. Selbst nach der Klatsche beim FSV Frankfurt.
Sergej: Das war spitze und das hilft uns wirklich sehr. Deswegen: Wenn ihr Bock habt im Winter bei den Testspielen mal auf dem Kunstrasenplatz vorbeizuschauen, dann kommt vorbei. Das macht Spaß. Aber auch ansonsten ist das alles was die Fans da abliefern einfach nur überragend. Ich bin ja jetzt auch fast vier Jahre im Verein und kenne das auch anders. Was wir uns rechtfertigen mussten nach dem Unentschieden gegen Saar 05 Saarbrücken damals, dabei hatten wir unter der Woche noch in Elversberg gewonnen, die waren Spitzenreiter. Da war erst alles super und ein paar Tage später war alles schlecht. Und so wie es jetzt läuft, machts auch richtig Spaß – nicht nur daheim sondern auch auswärts. Aber sagt mal: Wie steht ihr eigentlich zu der Schließung der Osttribüne?
Blog36: Wir stellen hier die Fragen!
Sergej: Oh, Verzeihung! (alle lachen)
Blog36: Also wenn wir uns die Schließung für den Block 36 vorstellen müssten, wäre das natürlich scheiße. Es gibt mit Sicherheit ne Menge Leute, die auf der Ost ihre Heimat gefunden haben oder dies schon früher auf der Gegengeraden hatten. Aber die Stimmung ist doch ziemlich genial. Es hat doch auch noch nie jemand gesagt, dass er nicht mehr ins Stadion geht weil er nicht mehr auf die Ost kann. Und was da jetzt von der Haupttribüne für ne Stimmung ist, das ist fantastisch.
Sergej, wir drücken euch ganz fest die Daumen für die verbleibenden 15 Spiele und natürlich auch für das Hessenpokal-Halbfinale gegen Eddersheim. Dir wünschen wir sportlich natürlich auch alles Gute und privat, dass du noch lange hier mit deiner Familie in Kassel bleibst. Herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast!
Sergej: Gerne, hat Spaß gemacht!