Liga angenommen – Eine erste Standortbestimmung nach 7 Spieltagen

Sieben Spieltage sind gespielt in der Regionalliga Saison Südwest 2016/17. Zeit für eine erste Standortbestimmung.

Sie erinnern an Sysiphos, den König von Korinth. Die arme Sau aus der griechischen Mythologie wurde von Hermes (DFB) in die Unterwelt (Regionalliga) verbannt und dort gezwungen, einen schweren Stein beständig einen Berg (Aufstieg) raufzuschieben. Kurz vor Erreichen des Gipfels (3. Liga) entgleitet ihm die Murmel (Relegation) und der Stein rollt wieder ins Tal zurück. Und dann? Geht alles wieder von vorn los. Die Regionalliga und der Uffstieg: Für Waldhof Mannheim, Elversberg und den 1. FC Saarbrücken eine wahre Sysiphosaufgabe. Diese drei Mannschaften gehören zu jenen vier Teams, die in den vergangenen beiden Spielzeiten die Relegationsspiele bestritten und immer wieder scheiterten. Das vierte Team sind die Offenbacher Kickers. Doch zu denen später mehr.

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Mannheim, Elversberg und der 1. FC Saarbrücken sind auch in der noch jungen Saison 2016/17 wieder das Maß aller Dinge. Nach sieben Spieltagen haben sie sich bereits um sechs bzw. fünf Punkte abgesetzt und führen die Liga deutlich an. Dabei konnten sie auch Abgänge gut kompensieren – genügend Kohle ist ja vorhanden. So verabschiedete sich beispielsweise Top-Torjäger Mijo Tunjic von Elversberg in Richtung Stuttgart. Kein Problem für die SVE: mit Edmond Kapllani kam ein routinierter und treffsicherer albanischer Nationalspieler von Zweitligaabsteiger FSV Frankfurt, der in den ersten sieben Spielen immerhin gleich viermal netzte. Und auch Waldhof Mannheim verkraftete den Abgang von Ex-Nationalspieler Hanno Balitsch und Trainer Kenan Kocak mehr als ordentlich und führt nun die Tabelle der Regionalliga an. Kurzzeitig stand vor der Saison sogar eine Verpflichtung von Ex-Bayern-Star Lucio im Raum. Der Witzbold wollte in der Nähe von Heidelberg, wo seine Tochter studiert, noch ein bisschen nebenher kicken. Man munkelt, dass nur der Weggang von Trainer Kocak den Transfer am Ende platzen ließ. Nein, die Mannheimer haben wieder eine schlagkräftige Truppe am Start: das musste auch der KSV am vergangenen Wochenende erfahren, der zwar eine ordentliche Partie beim amtierenden unaufsteigbaren Meister ablieferte, am Ende aber dennoch verdient als Verlierer vom Platz ging – wenn auch um ein Törchen zu hoch. Wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht, sollten diese drei Mannschaften die beiden Aufstiegsplätze unter sich ausmachen. Blöd nur, dass man bereits jetzt weiß, dass eine dieser starken Mannschaften auf jeden Fall auf der Strecke bleiben wird – und die Sysiphosarbeit im kommenden Jahr erneut beginnt.

Auf den Plätzen vier und fünf stehen mit den Aufsteigern Koblenz und Ulm die Mannschaften der Stunde auf passablen Plätzen. Insbesondere Ulm ist schwach in die Saison gekommen, holte aus den vergangenen vier Spielen allerdings zehn Punkte und erzielte dabei 14 Tore. Der KSV dürfte gewarnt sein, wenn die Spatzen Anfang Oktober im Estadio del Aue vorspielen. Ebenfalls gut in die Saison kamen nach Anfangsschwierigkeiten die Pirmasenser Schlabbeflicker und ihr Wurstsalat – aktuell Sechster. Hingegen blieben die kleinen Hoppenheimer mit Ex-Nationalspieler Marco Engelhardt auf Platz sieben hinter den Erwartungen zurück. Der Vogel verschickte ja einst ein Foto seines besten Stücks per MMS an potentielle Gespielinnen. Solch Eskapaden sollte er in der Regionalliga unterlassen: Wir sind schon auch eine anständige Liga. Und DAS hat mit Fußball nix zu tun.

Auf Platz acht folgt derzeit unser heiß geliebter und verehrter KSV. Sechs Spiele, drei Siege, drei Niederlagen. Schluss mit dem Minkschen Beamtenfußball (Entschuldigung an alle Beamten: Ja, ihr arbeitet 42 Stunden die Woche, das ist ein Skandal und Blog36 unterstützt eure Forderungen). Ein Ende der ewigen Unentschieden-Meisterschaft ist in Sicht. Aber mal im Ernst: bei allen drei Siegen hat der KSV mehr als geil abgeliefert, das war so nicht zu erwarten. Sowohl in Pirmasens als auch gegen „SC Teutonia 1929 Watzenborn-Steinberg“ (was für ein Name, wir nennen es Wetzlar) wurde leidenschaftlich gefightet. Letztes Highlight war sicher der Sieg gegen die hochdekorierten Drittligaabsteiger der Stuttgarter Kickers – das war nicht zu erwarten. Auffällig ist vor allen Dingen, dass Trainerfuchs Cralle den jungen Spielern das Vertrauen schenkt. Marco Dawid ist endlich Teil der Startelf und dankt es mit bissigem Zweikampfverhalten, einer gewohnt hohen und schnellen Laufbereitschaft und auch mit Torgefahr. Doch auch Nael Najjer und Nedim Pepic übertrafen bisher die Erwartungen. Bereits jetzt unvergessen der geniale Pass von NP23 auf Tobi Damm gegen den „SC Teutonia 1929 Watzenborn-Steinberg“ (was für ein Name, wir nennen es auch Watzenberg) zum späten 2:1-Siegtreffer. Bleibt nur zu hoffen, dass der kleine Bruder von Hasan diesen Beitrag nicht liest und mal schön auf dem Teppich bleibt. Im Gegensatz zu seinem Bruder stimmt bei Nedim neben der Frisur aber zumindest die Leistung und der Einsatz auf dem Platz – das darf gerne so bleiben.

Apropos Tobi Damm, der gegen den „SC Teutonia 1929 Watzenborn-Steinberg“ (was für ein Name, wir nennen es manchmal auch Gießen) zum späten 2:1-Siegtreffer traf: Die Kapitänsbinde verleiht Tobi offensichtlich Flügel, bereits zweimal konnte er netzen und gab auch zwei Torvorlagen. An kämpferischen Einsatz hat es ihm ohnehin nie gemangelt. Weiter so, Tobi! Und auch die anderen „älteren“ Spieler in dieser wirklich sehr, sehr jungen Mannschaft übernehmen mehr Verantwortung. Sergej Evljuskin zum Beispiel. Letzte Saison noch häufig Bankdrücker, ist er mittlerweile gesetzt – ob im defensiven Mittelfeld oder wie zuletzt in Mannheim in der Innenverteidigung. Und er macht seine Sache gut. Und auch wenn es die HNA vor gut einer Woche anders gesehen haben will: Nein, der Treffer in Trier war kein Eigentor von Siggi.

Doch der offensive Hurra-Fußball hat auch seinen Preis: die hervorragende Defensive des vergangenen Jahres ist wackelig. Henne, neuer Abwehrchef der Löwen, hat alle Hände voll zu tun den Laden hinten zusammenzuhalten und blieb dabei selbst nicht immer fehlerfrei. Blog36 weist jedoch darauf hin, dass sich Kritik an Henne ausdrücklich verbietet und auch diese Bemerkung vielmehr Ansporn und kein Gemähre ist. Durch die Verletzungen von Welker und Künzel fehlt Henne aber der konstante Partner in der Innenverteidigung. Mounir Boukhoutta hat zwar einen geilen Namen und ist ein feiner Kerl, konstant gute Leistungen konnte er aber noch nicht abrufen. Dafür überraschte der erst 17-jährige Steven Rakk, den Cralle aufgrund der Lorenzoni-Verletzung ins kalte Wasser schmiss, und der insbesondere gegen die Stuttgarter Kickers ein Wahnsinnsspiel ablieferte. Leider flog er nach einer überharten Schiri-Entscheidung in Mannheim vom Platz, so dass er am kommenden Wochenende gegen Elversberg zum Zuschauen verdammt ist. Cralle ist also gezwungen, seine Abwehr erneut umzustellen.

Von den Neuzugängen von „usswärts“ konnte bisher Sascha Korb den besten Eindruck hinterlassen. Ausgerechnet Korb. Der Offenbacher. Bei Blog36 hatte er ja bereits die Gelegenheit, sich ausführlich vorzustellen und er sagte sogar, dass der Weinberg schöner ist als der Bieberer Berg. Hihi. Nimm das, OFC! Korb ist eine Art Laufwunder und er macht etwas, das er in Offenbach nicht machte: Tore schießen. Auch gefährliche Standards, wie gegen die Stuttgarter Kickers. Auch gegen Pirmasens und im Test gegen Mönchengladbach konnte Sascha netzen. Er bringt Kreativität in die Offensive – das hatten wir auch schon lang nicht mehr. Bleibt zu hoffen, dass er diesen Offensivdrang genauso beibehält.

Man solle die Regionalliga annehmen, so die HNA vor dieser Saison. Die Mannschaft hat bisher geliefert (auch der nötige Teamgeist ist spürbar) und auch die Fans tun dies immer mehr. Über 2.000 Zuschauer gegen Stuttgart lassen hoffen, dass das Stadion wieder voller und dadurch das FAC-Cateringsystem vollständig zusammenbrechen wird. Jedenfalls haben die Jungs bisher gut vorgelegt. Auch bei den Niederlagen sah man gut aus. Selbst gegen Mannheim war mehr drin: Tobi Damms Kopfball klatschte gegen den Pfosten, kurz darauf verweigerte der Schiri dem KSV einen klaren Elfer nach Foul an Korb – das Ding hätte auch anders ausgehen können. Hätte, hätte, Fahrradkette. Gegen Elversberg am Wochenende einen Punkt mitnehmen und dann gegen Homburg und Steinbach die Weichen wieder auf Sieg stellen. Es wird Rückschläge geben, der Mannschaft fehlt noch die Reife. Es gelingt noch nicht alles. Aber sie spielt mit Freude, mit Mut und sehr viel Herz.

Zum KSV ins Mittelfeld gesellt sich auch Regionalliga-Urgestein Wormatia Worms sowie Hessenliga-Aufsteiger „SC Teutonia 1929 Watzenborn-Steinberg“ (was für ein Name, so nennt die doch keiner) mit Ex-Löwe Dennis Lemke. Dieser ist gut dort gelandet, wohnt jetzt in Gießen (dass er mit Kassel vergleicht, sag mal geht’s noch?) und freut sich, jetzt mit dem Flieger von Frankfurt an den freien Tagen ins heimische Berlin reisen zu können. Blog36 wird seinen ökologischen Fußabdruck im Auge behalten.

Noch nicht in Tritt gekommen sind die bereits erwähnten Stuttgarter Kickers. Der Drittligaabsteiger ist das beste Beispiel für eine Mannschaft, die es noch nicht gepackt hat, die Regionalliga anzunehmen – Haha. Traumtänzer. Ihr Neuzugang Bektasi plagt mal wieder der Gesäßmuskel, er konnte noch nicht ins Spielgeschehen „eingreifen“.

Auf einem direkten Abstiegsplatz befindet sich derzeit Eintracht Trier mit nur vier Punkten aus sechs Spielen (davon drei gegen Kassel…grmpf). Noch dahinter steht unser Ex-Trainer Matthias Mink mit seinem neuen Verein: dem TSV Steinbach. Auch sie hatten eigentlich deutlich andere Ambitionen, an finanziellen Mitteln mangelt es den mittelhessischen Landpomeranzen ja sowieso nicht. Für Mink hat der Wechsel jedoch klare Vorteile: von Steinbach aus ist man an den Spieltagen schneller im heimischen Köln. Außerdem dürfte ihn im beschaulichen Haiger keine Presse und auch keine Fans nerven. Mink war ja immer etwas dünnhäutig. Aber es gilt weiterhin „Don’t look back in anger“: Das Wiedersehen mit seinen Ehemaligen gibt’s im Auestadion im kommenden Jahr. Man sollte ihn willkommen heißen – und seiner Truppe dann ordentlich einen einschenken.

Schlusslicht der Tabelle sind die Offenbacher Kickers. Die Kickers lieferten in den vergangenen Wochen wieder genügend Beispiele, warum man sie einfach nicht mögen kann. Einen Haufen Schulden, auf dubiose Weise die Insolvenz abgewendet, dann gleich wieder mit Matthew Taylor einen Hochkaräter verpflichtet und jetzt auch noch gegen den Neun-Punkte-Abzug klagen. Am Ende landet der OFC immer wieder auf den Füßen. Gut möglich, dass ihnen die Strafe erspart bleibt bzw. sie wieder rückgängig gemacht wird. Doch selbst dann ständen sie nach aktuellem Stand noch hinter dem KSV – ihr Start war beschwerlich: zuletzt unterlag man sogar dem „SC Teutonia 1929 Watzenborn-Steinberg“ (was für ein Name, also wirklich).

Die Regionalliga Südwest 2016/17 hat es in sich. Sechs ehemalige Erst- und fünf ehemalige Zweitligisten sorgen für ordentlich Tradition. Die Zeiten, in denen in der Liga des KSV neun Zweitvertretungen von Profimannschaften kickten, sind erstmal vorbei. Der KSV hat eine konkurrenzfähige Truppe mit vielen jungen, hungrigen Nordhessen und konnte bereits das ein oder andere Highlight setzen. Nicht zuletzt auch durch den unter Mink geschmähten und nach Fulda abgeschobenen Basti Schmeer, der sich das Vertrauen von Cralle zurückerobert hat und gegen Eintracht Trier eine derart geile Bude erzielte, dass die ARD nicht umhin kam, ihn für das Tor des Monats zu nominieren. Wir freuen uns sehr – für Basti Schmeer!

Zuletzt der Appell: Kommt ins Stadion. Die Stimmung ist zurück, in allen Teilen – ob auf der Ost, in Block 30 oder in Block 36, wo es natürlich immer noch ein Stück geiler ist (aufgrund von Irritationen in vergangenen Beiträgen sei hier nochmal explizit auf die Selbstironie verwiesen, die Blog36 immanent ist, wohl aber von manchem nicht so ganz verstanden wird). Sogar die Haupttribüne ist aufgewacht.

Ein Gedanke zu “Liga angenommen – Eine erste Standortbestimmung nach 7 Spieltagen”

  1. Ein Hinweis am Rande:
    Der KSV reiht sich nahtlos ein in die eingangs erwähnte Sysiphos-Arbeit….und ist dafür geradezu prädestiniert! Auf Grund der Kessellage der nordhessischen Metropole gelingt es in vielerlei Hinsicht
    nur selten über den Tellerrand hinaus zu schielen.
    Mut sollte aber ein Beispiel aus der Fauna geben – der Ameisenlöwe!
    Wer im Estadio del Aukam antreten muss, der wird zerlegt und kommt nicht mehr lebendig heraus.

    Ansonsten prima geschribbe!

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